Freitag, 16. Dezember 2016

Demokratie in Gefahr durch soziale Netzwerke?

von Thomas Heck...

Gezielte Wählerbeeinflussung über soziale Netzwerke wird demokratische Prozesse nach Ansicht des Münchener Politikwissenschaftlers Simon Hegelich auch in Deutschland schon bald gravierend verändern. „2017 wird der letzte traditionelle Wahlkampf sein“, sagte Hegeloch. Medien orakeln schon vom Ende der Demokratie. Für mich ausschließlich Ausdruck der tiefen Angst vor Machtverlust der Regierenden und Bedeutungsverlust der etablierten Parteien, die sich weit, weit von ihrer Wählerschaft entfernt haben und mehr und mehr in einer Parallelwelt leben.



Der Präsidentschaftswahlkampf in den USA habe gezeigt, wie wichtige Teilgruppen der Wählerschaft oder sogar einzelne Wähler mit speziell auf ihr Persönlichkeitsprofil zugeschnittenen Botschaften angesprochen werden könnten, indem auf soziale Netzwerke und sogenannte Big-Data-Analysenzurückgegriffen werde.

Die heutige Technologie erlaube es, Kommunikations- und Wahlkampfstrategien nicht mehr allgemein auf die Mehrheit der Bevölkerung zuzuschneiden, sondern das Verhalten von Menschen durch sogenanntes Nudging (etwa: Anstupsen durch subtile Botschaften) „auf der Mikroebene“ zu ändern und die für den eigenen Erfolg zentralen Gruppen jeweils separat ins Visier zu nehmen, erläuterte Hegelich. Könnte man auch direktere Demokratie nennen.

Mit solchen Strategien „kann ich die Ungleichheiten, die ein Wahlsystem bietet, plötzlich gezielt für mich nutzen.“ Damit einher gehe zugleich aber auch das Risiko großangelegter Manipulationskampagnen.

„Die öffentliche Meinung funktioniert heute einfach anders“, sagte der Professor für Political Data Science an der Technischen Universität München. Das werfe „grundlegende Fragen“ mit Blick auf demokratische Prozesse auf. 

Im US-Wahlkampf hatte das Team des designierten Präsidenten Donald Trump auf ein Unternehmen namens Cambridge Analytica gesetzt, das mit Hilfe von großangelegten Datenanalysen und individueller psychologischer Profilbildung Wähler per Internet mit passgenauer Wahlwerbung angesprochen haben soll.

Cambridge Analytica sammelt Daten und verkauft an ihre Kunden Psychogramme von Internetnutzern. Das nutzte zum Beispiel Donald Trump in seiner Kampagne und konnte so gezielt Wähler ansprechen. 

Solche Ansätze seien allerdings nicht leicht umzusetzen, betonte Hegelich. Er gehe auch deshalb davon aus, dass sie im Wahlkampf der deutschen Parteien für 2017 keine entscheidende Rolle spielen. 

1. „Dafür sind die Strukturen und Ressourcen noch nicht da.“ Experten für die Wählerbeeinflussung durch Social Media und Big Data seien sehr teuer. 

2. Nötig seien zudem genaue Kenntnisse über die Funktionsweise eines politischen Systems sowie Rückkopplungen durch praktische Anwendung. „Man muss die Modelle kalibrieren.“

Auch der Umsetzung durch das Team des designierten US-Präsidenten Donald Trump seien weitaus weniger erfolgreiche erste Versuche durch den ultrakonservativen Senator Ted Cruz vorausgegangen, erläuterte er. Entsprechend bräuchten die Experten „Gelegenheit, sich auf das deutsche System einzustellen“. 

3. Und die Bereitschaft dazu müsse da sein. „Sie brauchen Parteien, die bereit sind, solche Leute auf den höchsten Ebenen ihres Kampagnenapparats zu installieren und entsprechende Ressourcen bereitzustellen.“

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