Sonntag, 18. Dezember 2016

Weihnachten muss in der Türkei ausfallen

von Thomas Heck...

Dass die Türkei über ihre Islamistenverband Ditib versucht, Einfluss auf das deutsche Erziehungswesen zu nehmen, ist ja allgemein bekannt. Die Abwehrversuche der deutschen Behörden in Innen- und Erziehungsministerien sind eher zahnlos. Besser funktioniert das umgekehrt erheblich besser, wie die Tagesschau aus der Türkei zu berichten weiß.


Türkische Behörden haben das Thema Weihnachten erstmals aus dem Lehrplan eines deutschen Gymnasiums in Istanbul verbannt. Kritiker werfen der regierenden AKP schon länger vor, säkular geprägte Schulen auf ihren islamisch-konservativen Kurs zu zwingen. Denn die türkischen Behörden haben erstmals das Thema Weihnachten aus dem Unterricht an einer deutschen Schule in Istanbul verbannt.


"Es gilt nach Mitteilung der türkischen Schulleitung, dass ab sofort nichts mehr über Weihnachtsbräuche und über das christliche Fest im Unterricht mitgeteilt, erarbeitet sowie gesungen wird", heißt es in einer E-Mail, die die Leitung der deutschen Abteilung des Istanbul Lisesi an das Kollegium schickte. Auch die Teilnahme des Schulchors am traditionellen Weihnachtskonzert im deutschen Generalkonsulat am vergangenen Dienstag wurde von der türkischen Schulleitung kurzfristig unterbunden.




Die derzeit 35 deutschen Lehrer des Istanbul Lisesi werden von der Bundesrepublik entsandt und aus Steuermitteln bezahlt, was auf eine jährliche finanzielle Förderung in Millionenhöhe hinausläuft. Das traditionsreiche Elite-Gymnasium wird ausschließlich von türkischen Schülern besucht, ist aber eine anerkannte deutsche Auslandsschule.

Kritiker werfen der AKP-Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan vor, traditionell säkular geprägte Schulen wie das Istanbul Lisesi zunehmend auf ihren islamisch-konservativen Kurs zu zwingen. Im deutschen Lehrerkollegium herrscht schon seit langem erhebliche Verunsicherung, was den Kurs der Elite-Schule betrifft. Diese Verunsicherung wurde durch die jüngste Anordnung zum Thema Weihnachten nun weiter verschärft.


Neben dem Istanbul Lisesi gibt es in Istanbul noch ein deutsches Gymnasium, das Alman Lisesi. Dort sind außer türkischen auch deutsche Schülerinnen und Schüler. Das türkische Bildungsministerium und die Leitung der deutschen Abteilung des Istanbul Lisesi - die der türkischen Schulleitung untergeordnet ist - äußerten sich auf Anfrage nicht zu der Anordnung.

Das Weihnachtsverbot an der Schule dürfte nur schwerlich in Einklang mit dem Kulturabkommen zu bringen sein. Der Vertrag besagt in Artikel 12: "Die Vertragsparteien werden bemüht sein, sich gegenseitig dabei zu unterstützen, ihren Völkern die Kenntnis der Kulturgüter des anderen Landes zu vermitteln."

Man versuche sich den Aufschrei der türkischen Community vorzustellen, wäre umgekehrtes Szenario in Deutschland Realität. Ob nun  die rote Linie für den endgültigen Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen der Türkei überschritten wurden, darf weiterhin bezweifelt werden. 

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